Bregenzer
Wellen, Festspielzeit

Festspielzeit

Aktualisiert am 22. November 2024

Das Gespräch führte Babette Karner. 
Der Text erschien in Ausgabe 1 (11/24). 

Lesezeit 6 Min.

Ein Fest der Geschichten und der Musik

Epische Erzählungen, farbenreiche Partituren und finnische Kuriositäten: Das erwartet Sie bei den Bregenzer Festspielen 2025.
 

Intendantin Lilli Paasikivi, Porträt auf der Seetribühne

Sie bereiten sich seit fast zwei Jahren auf Ihren ersten Bregenzer Festspielsommer vor. Welchen Geist spüren Sie hier?

Lilli Paasikivi: Die Bregenzer Festspiele in ihrer Gesamtheit – vom grandiosen Spektakel auf der Seebühne bis zu den Kammermusikkonzerten, von den zeitgenössischen Werken auf der Werkstattbühne bis zu den Orchesterkonzerten und den Jungen Festspielen – sind ein wunderbares Kulturfest, ein Fest des Geschichtenerzählens, der Musik, der Kreativität und der künstlerischen Qualität. Gleichzeitig bietet dieses Festival der internationalen Künstlergemeinschaft eine einmalige Plattform für verschiedenste Ideen und Stimmen. Es ist großartig, nun ein Teil dieser Welt zu sein!

Das Herz der Bregenzer Festspiele schlägt auf der Seebühne. Welche Eindrücke haben Sie bisher vom Geschehen dort gewonnen?

Die Seebühne hebt Opernproduktionen auf ein ganz neues Niveau: Es fühlt sich manchmal an wie Oper auf Steroiden! Die Größe der Produktionen, der personelle und infrastrukturelle Aufwand, die Einbindung in die umgebende Natur: Es ist eine wunderbare Herausforderung, alle zwei Jahre eine neue Inszenierung in diese natürliche „Kulisse“ und sich ständig verändernden Elemente zu integrieren.

Im kommenden Sommer ist dort erneut Carl Maria von Webers Der Freischütz zu erleben.

Ich konnte den Entstehungsprozess des Freischütz schon vor meinem Start mitverfolgen: Es war eine sehr mutige künstlerische Entscheidung meiner Vorgängerin Elisabeth Sobotka und Regisseur Philipp Stölzl, ein so bekanntes und beliebtes Werk völlig neu zu interpretieren. Die Inszenierung ist beim Publikum hervorragend angekommen. 

Ich möchte dem Publikum meine musikalische und künstlerische DNA vorstellen.

Sie haben für kommenden Sommer einige sehr spannende nordische Künstler:innen eingeladen.

Als neue Intendantin ist es mir ein großes Anliegen, dem Publikum meine musikalische und künstlerische DNA vorzustellen. Deshalb wollte ich zu Beginn meiner Intendanz unbedingt große nordische Künstler:innen und Werke präsentieren: Das Angebot ist groß und es war gar nicht leicht, eine Auswahl zu treffen. Ich möchte aber auch ein Bild der klassischen Musikkultur Finnlands und ihres Esprits skizzieren, einschließlich einiger kurioser Phänomene wie unserer immensen Liebe zum Tango.

In meinen ersten Bregenzer Festspielen sind Werke von Jean Sibelius, Kaija Saariaho, Sebastian Fagerlund und Osmo Tapio Räihälä zu hören: eine Kombination aus nordischem Erbe und spannenden zeitgenössischen Komponist:innen. Renommierte Dirigenten wie Jukka-Pekka Saraste und Hannu Lintu werden in Bregenz zu Gast sein. Neben wunderbaren Künstler:innen aus Österreich und Deutschland sind unter anderem die große US-amerikanische Mezzosopranistin Joyce DiDonato, der berühmte dänische dramatische Bariton Johan Reuter sowie aufstrebende Sänger:innen wie etwa die tunesisch-kanadische Mezzosopranistin Rihab Chaieb und die ungarische Mezzosopranistin Dorottya Láng zu erleben.

Als erste Oper im Festspielhaus haben Sie Œdipe von George Enescu gewählt. Was hat Sie an diesem Werk gereizt?

Ich möchte große Werke des frühen 20. Jahrhunderts mit prächtigen, farbenreichen Partituren präsentieren. Wie Sophokles’ Theaterstück, so ist auch Enescus Musik für Œdipe sehr ausdrucksstark und dramatisch. Es gibt wunderbare Solopartien und großartige Chorszenen. Dieses Werk hat alles, was ein großes Opernerlebnis ausmacht! Ich freue mich sehr auf Andreas Kriegenburgs zeitlose Interpretation dieses archaischen griechischen Dramas. Die musikalische Leitung übernimmt Hannu Lintu, der als Meister großer und anspruchsvoller Partituren bekannt ist: Die musikalische Seite von Œdipe liegt bei ihm in den besten Händen.

Auf der Werkstattbühne werden drei zeitgenössische Stücke zu sehen sein. Sie haben den renommierten Choreographen Tero Saarinen nach Bregenz eingeladen.

Impressionen
Die neue Intendantin blickt auch auf eine internationale Karriere als Sängerin zurück. Das Bild zeigt sie mit Matti Salminen in der Uraufführung von Rasputin an der Finnischen Nationaloper, 2003.
Lilli Paasikivi und Hans-Peter Metzler
Intendantin Lilli Paasikivi

Die in Finnland geborene Lilli Paasikivi verfügt über umfassende und breitgefächerte Erfahrungen in der Welt der klassischen Musik. Neben einer internationalen Karriere als Sängerin an führenden Opern- und Konzerthäusern war sie an der Organisation und Gründung zweier Sommerfestivals in Finnland beteiligt. Von 2013 bis 2023 war sie künstlerische Leiterin der Finnischen Nationaloper in Helsinki. Im Zentrum ihrer Tätigkeit stand dort die Verbindung verschiedenster Kunstformen sowie die Entwicklung innovativer Programmschienen, die mit neuen Technologien experimentierten.